Reportage

Flugschulung am Flugplatz in Hettstadt

 

Volker Schneidereit fliegt in der Platzrunde

Volker Schneidereit fliegt in der Platzrunde

 

Fazination Fliegen – Fliegen lernen macht Spaß. Das wollen mir Fluglehrer Peter Wiggen und Hans-Adam Stangl von der Fluggruppe Hermann Köhl in Hettstadt, Motorflugschule Würzburg und Flugschüler Volker Schneidereit (39) beweisen. Ich bekomme die Gelegenheit, einen Tag bei der Flugschulung dabei zu sein.

 

Wie kommt man zum Fliegen, frage ich Volker Schneidereit. „Latent war die Lust dazu schon immer da. Durch meinen Vermieter in Würzburg, der Mitglied bei der Fluggruppe Hermann Köhl ist, bin ich auf die Flieger in Hettstadt aufmerksam geworden. Ich habe ein paar Infoveranstaltungen besucht und seit April 2011 bin ich Flugschüler. Mein Ziel ist, im Frühjahr 2012 die Prüfung zu machen, damit ich im Sommer nächsten Jahres allein fliegen darf.“

Besonders fasziniert den angehenden Piloten am Fliegen, dass es nicht so alltäglich ist wie Auto fahren - und man ist schneller. Er plant schon  Aus- "Flüge" an die Nordsee, wo er Zivildienst gemacht hat.

 

Was lernt man in der praktischen Flugausbildung? Zunächst natürlich das Fliegen –  vor allem das Landen, bei dem der Wind, die aktuelle Flughöhe, die Entfernung vom Platz und die Fluginstrumente genau beobachtet werden müssen. Eine Landung fordert allerhöchste Konzentration von einem Piloten. Ganz wichtig ist das Einüben von automatisierten Verhaltensweisen für Notfälle durch Ziellandeübungen, bei denen ohne Motorhilfe gelandet wird und Übungen im extremen Langsamflug, so genannte Stallübungen, bei denen der Auftrieb am Tragflügel abreißt. Man lernt das routinemäßige konstante Überwachen der Fluginstrumente, was für die Flugsicherheit von allerhöchster Priorität ist.

Außerdem sind da noch die Flugtheorie, wie Luftrecht und Aerodynamik, die Flugplanung und das Funken, was gelernt werden will. Für den Flugfunk muss man eine separate Prüfung bei der Bundesnetzagentur ablegen.  

 

Auf meine Frage, ob er meint, dass der Flugsport auch für Frauen geeignet ist, antwortet Schneidereit mit „unbedingt“. Viele bekannte Namen von Fliegerinnen aus den Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts zeugen davon, dass dies nichts Neues ist. Und auch Pilotinnen von großen Passagierjets sind heutzutage keine keine Seltenheit. 

 

in der Luft

Dann geht es in dieLuft...

Dann geht es in die Luft, ich darf live bei einer Flugstunde dabei sein. Zunächst muss der Flugschüler das Flugzeug rundherum „checken“. Er kontrolliert, ob alle Ruder und der Propeller in Ordnung sind und prüft die Überziehwarnung, die pfeift, wenn das Flugzeug zu langsam ist. Der Motorölstand wird kontrolliert und das Fahrwerk, insbesondere das Bugrad, auf einwandfreie Funktion geprüft. Wir steigen in die Cessna 172 ein. Schneidereit kontrolliert die elektrischen Sicherungen und lässt den Motor an.

Per Funk melden wir uns am Turm an. Von dort wird uns gesagt, dass wir zum Rollhalt, d.h. zur Halteposition neben der Startbahn rollen sollen.

Am Rollhalt geht es mit dem Innencheck weiter. Es werden die Ruder und Landeklappen auf Gängigkeit geprüft, die Öltemperatur muss stimmen, der Motor wird getestet, sind die Passagiere ordnungsgemäß angeschnallt? Für die ganzen Checks gibt es eine spezielle Checkliste, die für jedes Flugzeug separat ausgestellt ist und dessen Eigenheiten berücksichtigt.

Wir bleiben in der Platzrunde, das ist eine vorgeschriebene Strecke in einer bestimmten Höhe um den Flugplatz, die aus Sicherheitsgründen für Starts und Landungen einzuhalten ist.  In Hettstadt  sind es1800 Fuß, ca. 600 m Höhe. Schneidereit, der sicher bald seinen ersten Alleinflug machen darf, übt das Landen. Man fliegt zur Landung mit ca. 65 Knoten (120 km/h) und setzt dabei je nach Bedarf die Landeklappen auf 10° – 30°. Um Hettstadt herum wird beim Anflug aus Lärmschutzgründen ein Knick geflogen.  

 

Lärmschutz ist allgemein ein wichtiges Thema beim Fliegen: Kein Privatpilot bekommt seinen Privatpilotenschein, wenn er nicht in einer Praxisprüfung bewiesen hat, dass er lärmarm fliegt. Uberall in Deutschland  gilt, ebenfalls aus Lärmschutzgründen, eine Mindestflughöhe von 600 Meter über dem Boden.

 

Flugleitung am Turm

Michael Barkhausen hat die Flugleitung

Auf dem Turm hat der Flugschüler Michael Barkhausen die Flugleitung übernommen. Nach der Abschlusslandung statte ich ihm einen Besuch ab. Vom Turm werden auf einem Sonderlandeplatz wie Hettstadt nur Empfehlungen an die Piloten abgegeben. Die Verantwortung für den kompletten Flug bleibt beim Piloten. Trotzdem werden natürlich diese Empfehlungen eingehalten. Der Turm gibt u.a. an, in welche Richtung gelandet wird. Das ist windabhängig, man landet und startet immer gegen den Wind, damit die Start- bzw. Landestrecke möglichst kurz bleibt. Der Turm hat auch den Überblick, welche Flugzeuge gerade wo in der Platzrunde sind und ob sich andere Flugzeuge zur Landung oder zum Start angemeldet haben und gibt diese Informationen an die Piloten weiter. Außerdem wird hier penibel Buch geführt über jeden Start und jede Landung.

 

Flug unter der  Haube

Hans-Rudi Feineis fliegt "unter der Haube"

Ich werde eingeladen, mit Flugschüler Hans-Rudi Feineis, der kurz vor seiner Prüfung steht, einen GCA (Ground Controlled Approach) in Niederstetten zu fliegen. Das ist ein Blindanflug, bei dem der Pilot vom Tower per Funk „heruntergesprochen“ wird. Feineis trägt dabei einen speziellen Sichtschutz, der ihm zwar erlaubt, die Fluginstrumente zu beobachten, nicht aber aus dem Flugzeug zu schauen. Das Flugzeug bekommt einen eigenen Transpondercode (Radarkennung) zugewiesen, den der Pilot einstellen muss. Er wird vom Radar am Turm beobachtet und bekommt Anweisungen, wie er zu fliegen hat. Mit Hilfe dieser Anweisungen und seiner Fluginstrumente wird er zur Landebahn geleitet. Wir landen dieses Mal allerdings nicht sondern machen nur einen tiefen Überflug.

Feineis macht schließend noch zur Prüfungsvorbereitung Übungen für den An- und Abflug auf ein Funkfeuer (VOR) über ein bestimmtes „Radial“, d.h. aus einem bestimmten Winkel sowie „Airwork“, beispielsweise wie eine 180° Kurve blind fliegen, Stallübungen und Ziellandeübungen.  

 

 

Flugplanung

Planung eines Überlandflugs

Die Flugschüler planen für den nächsten Tag einen großen Überlandflug und machen zusammen mit Peter Wiggen eine umfangreiche Flugplanung von Hettstadt nach Friedrichshafen. Dabei müssen die ICAO Flugkarten zur Hilfe genommen werden. Geländehöhe und Flugbeschränkungsgebiete müssen bei der Planung beachtet werden und zur Navigation werden Funkfeuer eingeplant. Außerdem fragen sie das Flugwetter beim Deutschen Wettedienst im Internet ab.

 

Das Resümee eines erlebnisreichen Tages ist: Fliegen lernen MACHT Spass!

 

Anflug